Bernd Regenauer im Gasthaus Sponsel
Am Freitagabend: Kabarett aus Franken im Dritten Programm. Die Aufnahmen finden bereits einen Tag vorher statt. Am Mittwoch nutzt Bernd Regenauer seinen Auftritt
bei den „Kirchehrenbacher Kulturwochen“ im Gasthaus Sponsel zum Training für die TV-Show. Dass sich die Zeiten geändert haben, spiegelt auch sein Themenangebot: Vorbei die Ära Stoiber, als Kabarettisten im Rahmen einer raffinierten Herrschaftstechnik unbegrenzte Hofnarrenfreiheit genossen. Die Machtverhältnisse im Freistaat sind ins Wanken geraten. Daher ist die bayerische Landespolitik für die öffentlich geförderte Satire zur Tabuzone erklärt worden. Umsomehr rückt die neue schwarzgelbe Regierung in Berlin ins Rampenlicht des Spotts. Das Motto lautet: Erst haben wir sie gewählt; jetzt werden wir gequält. Der neoliberalen Reformpolitik Guido Westerwelles würde Bernd Regenauer gern den entscheidenden Anstoß geben – so dass ihr Repräsentant die Kellertreppe hinabfällt: Die Verteidigung der Bundesminister besitzt immerhin den positiven Aspekt, dass ein Mauerblümchen wie die Bildungsäbtissin Schavan öffentlich wieder einmal sichtbar wird. Viel freundliches Feuer gilt dem neuen Minister für Entwicklungshilfe, der sein Amt wenige Wochen vorher noch abschaffen wollte. Regenauer bewertet den „Mann ohne Eigenschaften“ als „Niebelschlussleuchte der Koalition“ mit der Ausstrahlung einer „Ofenkartoffel“.
Ein weiteres durchgängiges Thema des Abends, vom wortgewandten Entertainer mit behaglichem Zynismus in Szene gesetzt, war die sich beschleunigende Spaltung der Gesellschaft und der fortschreitende Zerfall des Mittelstandes. Selbst Frau Schickedanz muss nun beim Billig-Discounter einkaufen; an der Kasse sitzt Frau Schaeffler. Der soziale Abstieg trifft auch die Ärzteschaft. Gynäkologen sind nun gezwungen „Abstriche“ vorzunehmen, stellt der Komödiant augenzwinkernd fest. Kürzlich habe er seinen Hausarzt mit Blockflöte und Hutbettelnd in der Nürnberger Einkaufsmeile angetroffen. In dieser Notsituation bleibt für die leitenden Manager der Wirtschaft nur „Outsourcing“ als Ausweg: Dies sei keine neue Extremsportart, sondern globale Arbeitsteilung nach der Devise: hier gut leben, woanders schlecht zahlen. Die Kinderarbeit in Thailand ist dort zu einer volkswirtschaftlichen Notwendigkeit geworden. Sie steht vor der Entscheidung: Bordell oder Produktion von Weihnachtslebkuchen.
Mit brennender Sorge verfolgt Regenauer die Entwicklung in seiner Heimatprovinz Franken. Die hiesige Form der Ernährung beschleunige die Verformung der Körper. Wer sich zum Schäuferle einen Salat bestellt, trage nichts zu seiner Schlankheit bei. Fünf Millionen Potenzstörungen gäbe es unter deutschen Männern; die Hälfte davon in Franken. In dieser Provinz habe einst die Entdeckung der Langsamkeit
stattgefunden. Noch heute zeigen dort die Bewegungsmelder ein Maximum an
Reklamationen an. Dabei kann im digitalen Überwachungsstaat, in dem sogar die Fischteiche im Aischgrund in „Karpfenwireless“ umgetauft wurden, jede falsche
Bewegung zu einer „vorläufigen Erschließung“ führen. Die Totalüberwachung der
Erde aus dem Weltraum scheue auch vor intimen Zonen nicht zurück. So habe
Angela Merkel kürzlich Monsieur Sarkozy den Handschlag verweigert, weil dieser nach dem kleinen Geschäft das Waschen vergaß. Angesichts der Generationenkriege in einer alternde Gesellschaft, in der gesundheitsbewusste Rentner zu Staatsfeinden erklärt werden, behält der mit viel Beifall und Sympathien bedachte Bernd Regenauer seinen verzweifelten Optimismus: „Oben fit und unten dicht / lieber Gott mehr will ich nicht!“
Herbert Gebert

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