Liedermacher Alexander Wolfrum im Gasthaus Sponsel
Alexander Wolfrum trägt lieber einen Gitarren- als einen Aktenkoffer. „Kleinkünstler und Liedermacher“ steht auf seiner Visitenkarte, die er anlässlich der „Kirchehrenbacher Kulturwochen“ im Gasthaus Sponsel abgab. „Es lebe die Kleinkunst!“ lautet die Devise des in „Hochfranken“ zwischen Frankenwald und Fichtelgebirge sehr bekannten sanften Satirikers. Stolz bekennt er, dass seine Musik im Radio nicht gesendet wird, weil sie sich allen Anpassungen an Trash und Techno verweigert und in den Traditionen eines frühen Franz Josef Degenhard und Reinhard Mays verbleibt. Wolfrum stammt aus Bayreuth; die Macken der Richard-Wagner-Stadt besingt er in vielen Varianten. Im Heavy-Meatall-Sound verkündet sein Mick Jagger nachempfundenes „Liebeslied an Bayreuth“: „Love it or leave it“. Denn eine Reform der verkrusteten Beamten-Hochburg erscheint unmöglich. Trotzdem – der Lokalpatriot steht „für Beireit allzeit bereit“, obgleich zur Festspielzeit die Capuccino-Preise in den Straßencafès auf astronomische Höhen klettern. Wenn die weltberühmte Sauna auf dem Grünen Hügel, in der Nacktheit verboten ist;
sich zu einem Ort der Qualen wandelt, fliehen die klugen Bayreuther, statt „bei Richard Wagner zu sitzen, zu fluchen und zu schwitzen“ in die Idylle der Biergärten. In der Hauptstadt Oberfrankens wurde Wolfrum durch deren Vorzeige-Schule, das vornehme humanistische Christian-Ernst-Gymnasium geprägt. Seine Erinnerungen an eine „sehr lange Schulzeit und sehr schlechte Lehrer“ setzte er in die „Ballade von Napoleon und dem Frühstücksei“ um. Der korsische Diktator lässt das Ei mit der Guillotine köpfen – Psychoterror in einem pseudo-antiken Gipstempel. Die pädagogischen Leiden des jungen
Außenseiters setzten sich später in den negativen Erfahrungen des Vaters fort, der seinen beiden Söhnen bei der Erledigung ihrer Hausaufgaben half. Nach Wolfrum bedeuten Hausaufgaben eine Landplage, die wie ein „Damoklesschwert über Haus und Herd“ hängt. Lieber wechselt er – eine im Rock-and-Roll-Ton besungene Erinnerung – die Windeln der Kinder; der Inhalt erscheint ihm identisch: Alexander Wolfrum stammt aus einer ehrbaren Familie. Darum weigerte er sich, Jurist zu werden und studierte Sozialpädagogik. Er erlernte einen Beruf, ohne den seiner Meinung nach die Welt noch
trauriger aussähe. Doch auch in diesem Metier machte er sich durch seine Satiren unbeliebt. Er verspottete den Hyperkomplizierten Fachjargon mit dem inflationär gebrauchten Zauberwort „Analyse“. Daraus wurde die Anneliese und sogleich entsandt die Parodie eines Schlagers aus den frühen fünfziger Jahren: „Analyse, ach Analyse, warum bist Du böse auf mich?“ Der „Haufen vor der Tür“ erscheint ihm dann nicht als Folge einer frühkindlichen Repression in der analen Phase, sondern durch Mangel an Klopapier verursacht. Wolfrum bot im Gasthaus Sponsel einen bunten Abend voller
exotischer Motive. Eine vierhundert Jahre alte irische Ballade. Der Song vom unendlichen Schneewinter über dem nördlichsten Oberfranken, wenn der Zug zwischen Naila und Bad Steben stecken bleibt, die Tramper erfrieren und die Metzger die Wurst mit Katzenfleisch strecken. Doch gegen solche kulinarischen Versuchungen ist der Sänger gefeit, denn bei ihm als Vegetarier reimt sich Capuccino mit Sahne auf Chili ohne Carne. Am liebsten singt er „a Lidla in Roma-dour“.

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