Die Walberlabühne im Gasthaus Sponsel
Derbe Komik und in Wortspiele verliebte Sprachsatiren bestimmten den Theaterabend der Walberla-Bühne im Kirchehrenbacher Gasthaus Sponsel. Unter dem entlarvenden Titel „Alles Lug und Trug“ inszenierten die beiden Hauptakteure Günter Anderl und Theo Messingschlager eine bunte Revue über die Abgründe des dörflichen Lebens. Gleich der erste Akt, der den fröhlich-feuchten Betriebsausflug der Verwaltungsgemeinschaft Kirchehrenbach in die Landeshauptstadt schilderte, zündete beim Publikum als krachende Lachnummer. Der Verwaltungsangestellte Zielinski wird am Tag nach dem Bachanal von seinem Amtschef zum Rapport bestellt. Beschwerden liegen vor: er soll am Ende der Tour de Trance am Markt in der Ortsmitte einen Einkaufswagen entwendet und zu einer Privatfahrt missbraucht haben. Der listige und lustige Zielinksi – von Günter Anderl als lispelnde Lachcharge prächtig dargestellt – wirkt wie ein kleiner Bruder des braven Soldaten Schwejk. Er rebelliert, indem er gehorcht. Am Ende steigert sich die trunkene Fahrt im Bus zu einem wüsten Sommernachtstraum. Bürgermeister und Amtsleiter legen ihre Alltagsrollen ab, verbrüdern und verschwistern sich. Theo Messingschlager spielt gekonnt alle Nuancen im Charakter eines Bürokraten, der machtbewusst beginnt und am Ende fürchten muss, hüllenlos dem Spott des Dorfes ausgesetzt zu sein. Fürsorglich hat Zielinski seinen volltrunkenen Vorgesetzten in einen gelben Sack verpackt und auf einem Einkaufswagen zur Entsorgung ins häusliche Schlafzimmer transportiert.
„Bei der Norma…“ war ein Mini-Lustspiel überschrieben, das einen weiteren Höhepunkt des Abends setzte. Ein Rentnerehepaar pilgert durch den Irrgarten des Supermarkts, in dem die geheimen Verführer lauern. Schnapsflaschen, Billigweine und delikate Eintöpfe werfen Liebesblicke nach den Kunden; dazwischen die allzu engen Hosen einer bekannten Kirchgängerin. Auch dem Bergdoktor vom Walberla kann man zwischen den Regalen begegnen, denn sein Haushaltsrahmen wird durch seine Pferdezucht definiert. Theo und Günni – erneut in Paraderollen – käuen den Dorfklatsch wieder. Der Pfarrer konnte „weecha sei Blosn“ nicht an der jährlichen Wallfahrt nach „Habschberch“ teilnehmen. Das neue Haus der Feuerwehr besitzt nur einen gemeinsamen Umkleidraum für Männchen und Weibchen und droht daher zu einem Sodom und Gomorrha zu entarten „Essensbestellung im Jahr 2035“ lautete das mögliche Thema der künftigen „Erabocher“ Dorfchronik: Motive, sie sie Julie Zeh in ihrem Roman „Corpus Delicti“ vor kurzem auf hochliterarischer Ebene abgehandelt hat. Eine schon heute drohende Gesundheitsdiktatur forscht die Blutwerte und den Kontostand der Bürger digital-gnadenlos aus und ersetzt das knusprige Schäuferla durch Tofu-Braten mit Soja-Joghurt-Sauce. Wie ein roter Faden zogen sich die Sprachkritik und Sprachkomik durch den heiteren Abend und schlugen dabei manchmal auch ernste Töne an. Ihr Angriffsziel war dann die Allgegenwart von „Denglish2 und „Globish“ im deutschen Alltag so wie die Anpassungs- und Unterwerfungsbereitschaft der Bürger. Als „Gegenmaßnahme wurde die Desinfektion der Muttersprache“ gefordert. Im Gegensatz dazu der Auftritt des Oliver Szekely-Trios aus Erlangen, das mit Jazz und Pop die Zwischenmusik gestaltete. Seine Star-Sängerin Judith Köhler brachte mit faszinierendes Soul-Stimme alte US-Songs in neuer Gestalt zu Gehör. Eine mondäne und urbane Stimmung, passend zu den Bildern des Nürnberger Kulturpreisträgers Harri Schemm, verbreitete sich in der gut besetzten
Bauernwirtschaft.

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